Teil 3. Wer ist der Russlanddeutsche(oder Deutsche aus Russland?)?
Deutsche Auswanderer /Umsiedler/Aussiedler/Spätaussiedler
Wer ist der Russlanddeutsche(oder Deutsche aus Russland?)? Teil 3
Autor: Maria Reisner
3 Monate später, nach dem Besuch des Bundeskanzlers Konrad Adenauer in Moskau, folgte der „Ukas“ vom 13. Dezember 1955, mit dem die Meldepflicht bei der Kommandantur für Russlanddeutsche und ihre Familien aufgehoben wurde, aber sie wurden immer noch in den Sondersiedlungen festgehalten.
Theoretisch war dies eine Verbesserung, aber nicht für die praktischen Rechte, denn ihre Lage bleib seit über 14 Jahre nach ihrer Verbannung weiterhin trostlos.
Am 29. August 1964 wird der Deportationserlass des Obersten Sowjets vom 28. August 1941 in einigen Punkten aufgehoben. Die volle Rehabilitierung legt das aber nicht vor, weil ihr seiner Zeit konfisziertes Eigentum, erhalten Russlanddeutsche ebenfalls nicht zurück.
In einem weiteren „Ukas“ von 3. November 1972 wurde es den Russlanddeutschen gestattet, wieder in ihre Heimatgebiete zurück zu kehren, aber er wurde nicht veröffentlicht und in den deutschen Dörfern lebten bereits Russen, Ukrainer und andere Sowjets Völkern und das waren die größten Hindernisse für die Rückkehr der Deutschen in ihre Heimatorte. „Man kann nicht ein Unrecht durch ein neues Unrecht beseitigen“ – brachte Gorbatschow es später auf den Punkt.
Es wäre falsch zu glauben, die Deutschen hätten die Hände in den Schoß gelegt und sich dann Hals über Kopf in die Auswanderung gestürzt. Man versuchte der Assimilation entgegen zu wirken, die Sprache und die eigene Kultur weiterzuentwickeln. Unmittelbar nach der Rehabilitierung von 1964 kam die Bewegung für die Wiederherstellung der deutschen Autonomie ins Rollen. Petitionen an die Sowjetregierung wurden verfasst, Unterschriften gesammelt, Delegationen zusammengestellt und in den Kreml nach Moskau geschickt.
Die erste Delegation (13 Frauen und Männer) -1965 mit 600 Unterschriften, die zweite nach fast einem halben Jahr mit 4498 Unterschriften. Im Sommer 1967 empfing der damaliger Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR A. Mikojan, die Delegation der Deutschen und die Antwort war:“…Wir können jetzt die Republik nicht wiederherstellen. Das ist mit großen Schwierigkeiten verbunden… Wir brauchen die Deutschen im Neulandgebiet Kasachstans und in den Kohlebergwerken in Karaganda …. Nicht alles ist wieder gutzumachen, was in der Geschichte geschehen ist … Sie sind Sowjetbürger und haben das Recht auf Zeitungen, Schulen … Wir können in der gegebenen Situation die Wiederherstellung der autonomen Republik nicht bewerkstelligen, weil das mit immensem ökonomischen Aufwand verbunden ist, aber wir werden ihren kulturellen Bedürfnissen entgegenkommen … “ Doch das waren nur pauschale Versprechungen.
In den Jahren 1950 – 1957 erhielten insgesamt nur 3895 Russlanddeutsche die Ausreiseerlaubnis. 1958/59 war die Familienzusammenführung zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR vertraglich vereinbart worden. Trotzdem stiegen die Zahlen der Genehmigungen nur langsam oder gingen zeitweise sogar zurück, während die Ausreiseanträge sich beim Deutschen Roten Kreuz zu Hunderttausenden stapelten.
Denn mit dem öffentlich geäußerten Ausreisewunsch begann für sie die Hölle: Entlassungen, Schikanen am Arbeitsplatz und in der Schule, Verbot, sich polizeilich an einem anderen Ort anzumelden, Beschlagnahmung von Eigentum und Häusern, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen bei Behördenbittgängen, um nur einiges zu nennen. Schlimmer noch war jedoch die moralische Seite, die Atmosphäre der allgemeinen Verurteilung und Ablehnung, die um die Ausreisewilligen künstlich geschaffen wurde.
Quellenangabe:
Volk auf dem Weg Deutsche in Rußland und in der GUS 1763-1997, 5.Auflage 1997
Herausgeber: Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland e.V.
Kulturrat der Deutschen aus Rußland e.V.
Raitelsbergstraße 49, 70188 Stuttgart
Gefördert vom Bundesministerium des Innern, Bonn
Festschrift “60 Jahre Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.“, Stuttgart 2010, ISBN: 978-3-923553-31-0
Die Herstellung der Festschrift wurde gefördert vom Bundesministerium des Innern